Daher arbeitet man bei hydraulischen Anlagen mit Flüssigkeiten , weil man so eine Kraft mehr oder weniger ohne Druckverlust verschieben kann .
Im Prinzip ist eine hydraulische Bremsanlage eine Leitung , gefüllt mit (Brems)flüssigkeit , die vorne und hinten mit einem verschiebbaren Kolben verschlossen ist .
Drückt man jetzt auf den Kolben links , dann verschiebt die Flüssigkeit in der Leitung den Kolben rechts .
Wäre anstelle der Flüssigkeit jetzt Gas ( wie Luft ) in der Leitung , würde die erstmal verdichtet , bevor sich der Kolben auf der anderen Seite bewegt .
Soweit zu den Grundlagen .
In einer hydraulischen Bremsanlage arbeiten aber noch weitere Bauteile .
Fangen wir mal oben respektive vorne an .
Der Kolben sitzt in einem Zylinder ( auch Bremszylinder oder HBZ , Hauptbremszylinder ) genannt . Wie in einem Motor wird auch hier der Kolben gegenüber dem Zylinder mit einer Art Kolbenring abgedichtet , das ist die so genannte Primärmanschette ( PM ) .
Drückt man jetzt den Kolben in die Leitung , hat die Flüssigkeit keinen Platz , irgendwohin auszuweichen . Also drückt sie sich unten gegen den anderen Kolben im Bremssattel ( BS ) und verschiebt diesen ( s.o. ) . Dieser Kolben drückt dann gegen den Bremsbelag , der wiederum gegen die Bremsscheibe und das Fahrzeug wird gebremst . Ist dieser Zustand erreicht und man drückt noch mehr auf den Bremskolben , kann die Flüssigkeit ja nirgendwo mehr hin , außer sich oben am Kolben vorbei zu drücken .
Hier kommt die PM zum Einsatz .
Der Fachmann spricht davon , dass sich die PM in diesem Zustand aufpilzt , das heißt , unter Druck von der einen Seite ( Betätigung des Kolbens ) und Druck von der anderen Seite ( Flüssigkeit ) , verformt sich die Manschette elastisch und dichtet gegenüber dem Zylinder ab . Das sieht so aus wie das Dach eine Pilzes oder ein Regenschirm , den man aufspannt .
Erst , wenn die PM hier abdichtet , wird wirklich der Bremsdruck aufgebaut , der eine sinnvolle Abbremsung ermöglicht .
Ist die PM defekt , wird zwar auch Druck aufgebaut , aber nur so wenig , dass es nicht zum effektiven Abbremsen des Fahrzeugs ausreicht .
All das sind aber nur Bruchteile von mm .
Den Aufbau des Drucks haben wir jetzt erklärt . Was aber passiert , wenn wir den Kolben oben im HBZ entlasten ? Ja , der Druck sinkt , aber eigentlich würden so noch die Bremsbeläge an der Bremsscheibe anliegen und schleifen .
Hier kommt wiederum der Vorteil einer Flüssigkeit zum Tragen .
Im HBZ sitzt noch eine Druckfeder auf dem Kolben . Entlastet man den Kolben , drückt die Feder den Kolben wieder in die Ausgangsstellung zurück . Hierdurch wird die Flüssigkeit durch das minimal vergrößerte Volumen entlastet und der Druck nimmt rapide ab .
Ist der Kolben wieder in seiner Ausgangsstellung , ist das System in der Leitung wieder ohne Druck . Noch besser , es ist komplett drucklos ( es wirkt also in diesem Zustand lediglich der normale Atmosphärendruck auf die Flüssigkeit ) .
Warum ? Ist die Leitung nicht durch die Kolben abgedichtet ?
Im Prinzip schon , aber nur , wenn man Druck aufbaut . Im entlasteten Zustand gibt es eine seitliche Bohrung im Zylinder , die eine Verbindung zwischen der Flüssigkeit in der Leitung und der Außenwelt ermöglicht .
Der HBZ beherbergt nämlich noch mehr als den Bremskolben und seine PM .
Die kleine Bohrung führt in ein Reservoir oberhalb , in der sich weitere Flüssigkeit befindet . Das ist der Ausgleichsbehälter für die Bremsflüssigkeit ( manchmal auch extern , über einen Schlauch u.a. mit dieser Bohrung verbunden ) .
Wozu braucht man einen Ausgleichsbehälter ( AGB ) ?
Ganz einfach .
Eine Bremse erzeugt Wärme durch Reibung . Bremst man also , wird alles , was mit der Bremse am Rad zu tun hat , warm . Nein , es wird heiß .
Und was macht Materie , wenn sie erwärmt wird ? Sie dehnt sich aus .
So wird auch die Bremsflüssgkeit heiß und benötigt mehr Volumen , als ihr im Bremsschlauch zur Verfügung steht .
Entlastet man also jetzt die heiße Bremse , kann die Flüssigkeit durch die Ausgleichsbohrung in den AGB ausströmen . Kühlt die Bremse wieder ab , kann die Flüssigkeit hier ( und woanders ,s.u.) wieder in die Leitung zurückströmen .
Im Laufe der Zeit nutzen die Bremsbeläge sich durch Reibung ab .
Jetzt müsste man eigentlich den Kolben oben im HBZ weiter einschieben , damit dieser unten den anderen Kolben weiter ausschiebt , um diesen Verschleiß am Bremsbelag auszugleichen .
Um dies zu vermeiden , fließt im Laufe der Zeit immer wieder Flüssigkeit im drucklosen Betriebszustand vom AGB in die Leitung nach , um diesen Volumenzuwachs in der Leitung auszugleichen .
Jeder kennt die kleinen Sichtfenster im AGB , in denen die Flüssigkeit schwappt .
Und viele machen hier einen entscheidenen Fehler , wenn sie bemerken , dass das Niveau der Flüssigkeit auf einmal auf Minimum steht :
Sie öffnen den Deckel des HBZ und füllen Füssigkeit nach .
Wenn man aber mal nachdenkt , sollte folgends klar werden :
Die Bremse funktioniert . Wo sollte dann die Flüssigkeit im Laufe der Zeit hin verschwunden sein ?
Sie ist nämlich nicht weg , sondern immer noch im System , denn durch verbrauchte Bremsbeläge und dadurch weiter ausgefahrene Kolben im Bremssattel hat sich das Volumen im System vergrößert !
Daher ist ein geringer Bremsflüssgkeitsstand bei funktionierender Bremse immer ein Zeichen von abgefahrenen Bremsbelägen !
Hat man dies erst bemerkt , wenn man bereits Flüssigkeit nachgefüllt hat , was nun ?
Der Hobbyschrauber denkt sich nichts dabei und macht sich jetzt erstmal daran , die Bremsbeläge zu erneuern .
Also Bremssattel runter , Beläge raus und ....verdammt , neue Beläge passen nicht , der Kolben im Bremssattel ist zu weit ausgefahren ( spätestens jetzt müsste einigen ein Licht aufgehen ... ) .
Da die hydraulische Anlage ja jetzt im drucklosen Zustand ist , kann man ja auch umgekehrt arbeiten und jetzt mal auf den UNTEREN Kolben ( also den im Bremssattel ) drücken , oder ? Die Flüssigkeit würde durch die Ausgleichsbohrung in den AGB geschoben , der Kolben wäre wieder in der Ursprungsstellung und man könnte die Beläge einsetzen .
Nur : Es befindet sich ja jetzt mehr Flüssigkeit im System , weil man ja vorher nachgekippt hat ... Also lässt sich der Kolben etwas reindrücken und dann ist Schluss .
Besonders fies , wenn man zwei Kolben hat ... Man schiebt den einen Kolben rein und der andere geht raus ... verdammt !
Warum ?
Zuviel Flüssigkeit im System .
Der AGB ist voll und mehr geht nicht .
Abhilfe bringt hier nur das Ablassen von Flüssigkeit , um wieder die passende Menge im System zu haben ( hierzu unten mehr ) .
Bei neuen Bremsbelägen und funktionsfähiger Bremse muss also der Bremsflüssgkeitsstand auf MAX stehen , dann ist alles gut !
Kommen wieder zurück zum Thema , da waren wir beim AGB .
Der AGB hat oben einen verschraubten Deckel . Unter dem Deckel befindet sich ( i.d.R.) ein Plastikdeckel , in dem wiederum eine Gummimembran steckt .
Der Plastikdeckel hat die Aufgabe , die Membran in Form zu halten .
Sinkt der Bremsflüssigkeitsstand im AGB aufgrund von Verschleiß der Beläge ( s.o. ) schiebt sich die Membran aus .
Um einen Druckausgleich OBERHALB der Membran zu haben , sind seitlich oben an der Dichtkante des Metalldeckels kleine Schlitze eingelassen . So kann Luft nachströmen ( Umgebungsdruck ) und die Membran sich weiter ausklappen .
Wofür braucht man diese Membran überhaupt ? Deckel drauf und gut !
Nein , falsch gedacht .
Ohne Membran würde beim Fahren durch Schwappen Flüssigkeit durch die Schlitze im Deckel austreten . Die Schlitze braucht man aber , um einen Druckausgleich im AGB zu gewährleisten .
Dazu kommt noch die unangenehme Eigenart , das Bremsflüssgikeit hygroskopisch ist , sie zieht also Wasser .
Die Membran bildet also auch eine Barriere , dass sich kein Wasser aus der Luft(feuchtigkeit) mit der Bremsflüssgkeit vermischt . Entfernt man den Deckel , sieht man oft AUF der Membran Füssigkeit . Das ist alles Wasser , was sonst in der Bremsflüssigkeit gelandet wäre !
Warum benutzt man dann nicht einfach Wasser , um die hydraulische Anlage zu befüllen ?
Ganz einfach .
Wasser siedet bei 100°C , Bremsflüssigkeit bei deutlich höheren Temperaturen .
Wird die Bremse heiß ( Betriebszustand ) und die Flüssigkeit fängt an zu Kochen , bildet sich also GAS im System und das ist kompressibel , man greift dann ins Leere . Man hat dann eben keine Hydraulik mehr . Das passiert besonders , wenn man die Bremse oft hintereinander benutzt ( Gefällefahrten ) oder halt , wenn zuviel Wasser in der Bremsflüssigkeit ist .
Wird Bremsflüssigkeit mit Wasser vermischt , sinkt logischerweise auch deren Siedepunkt und die Bremse kann ausfallen . Daher also die Membran , um Wasser von der Flüssgkeit fernzuhalten .
Klar , kein druckloses System ist vollkommen dicht , daher altert die Flüssigkeit mit der Zeit ( zieht Wasser ) . Daher ist ein Wechsel der Flüssigkeit hier und da durchaus sinnvoll . Im Laufe der Zeit kommt das Wasser durch die Bremsleitungen in die Bremsflüssigkeit ( Permeabilität ) , dagegen kann man kaum etwas machen .
Man unterscheidet bei Bremsflüssigkeit übrigens zwischen dem so genannten Trockensiedepunkt ( neue Bremsflüssigkeit ) und dem Nasssiedepunkt
( mit Wasser versetzt ) .
Warum nimmt man dann bei dieser doofen Eigenschaft der Hygroskopie nicht einfach was ganz anderes ? Fahrräder haben ja immerhin auch Bremsanlagen , die mit Mineralöl befüllt sind . Hydraulische Anlagen wie Bagger haben ja auch Öl in der Hydraulik ...
Gutes Argument .
Öl hat aber einen entscheidenden Nachteil : Es ist nicht so dünnflüssig wie Bremsflüssigkeit . Selbst 0W60 ist zäher als DOT4 , wenn es mal knackig kalt ist . Hierurch kann es durchaus passieren , dass Öl nicht vom AGB in die Leitung nachfließen kann . Hierdurch würde sich dann der erforderliche Hub beim Bremsen direkt erhöhen . Man müsste die Ausgleichsbohrung wesentlich größer veranschlagen , was wiederum die PM beim Vorbeigleiten an der Bohrung einem deutlich erhöhten Verschleiß ausetzen würde .
Fahrräder haben übrigens auch ganz andere thermische Anforderungen als Motorräder .
Hier gibt es i.d.R. auch keinen AGB , Verschleiß an Bremsbelägen kann mechanisch durch Einstellschrauben ausgeglichen werden .
Daher rät hier der Fachmann auch , das Spiel zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe bei Downhillfahrten höher einzustellen .
Wieder zurück zum Thema HBZ .
Wer mal den Kolben eines HBZ in der Hand gehalten hat , wird sehen , dass sich auf ihm nicht nur die PM , sondern zusätzlich auch ein weiterer Dichtring befindet , das ist dann die Sekundärmanschette ( SM ) .
Übrigens wird der Kolben im HBZ durch einen Sicherungsclip ( Sprengring ) gehalten , um nicht nach dem Betätigen rauszufallen

( zumindest bei Kymco , ich habe es auch schon ohne Sicherung gesehen ...)
Zusätzlich befindet sich eine weitere Bohrung im Zylinder des HBZ , deutlich größer als die kleine Ausgleichsbohrung .
Diese Bohrung sitzt übrigens Richtung Bremshebel und führt auch in den AGB .
Durch diese Bohrung kann Bremsflüssigkeit auch in den Raum zwischen SM und PM ein-und ausfließen . Die SM arbeitet dabei mehr oder weniger drucklos und hat lediglich eine Dichtungsfunktion gegenüber der Außenwelt . Zusätzlich führt die SM den Kolben ( wie die PM auch ) , damit dieser nicht gegen den Zylinder gedrückt wird und diesen beschädigen kann .
Die Flüssigkeit zwischen den Manschetten dient auch der Schmierung der Zylinderlaufbahn und der Manschetten .
Wird der Kolben nun betätigt , überschreitet die PM ja irgendwann die Ausgleichsbohrung und pilzt sich für den Druckaufbau auf . Dadurch verringert sich ja auch das Volumen zwischen PM und SM . Um diesen Volumenausgleich nicht zu einem schadhaften Druckaufbau HINTER der PM zu führen, gibt es die zweite Bohrung , die Flüssigkeit kann in den AGB ausströmen .
Zusätzlich hat der Kolben übrigens oft noch eine Art Spiralgewinde zwischen SM und PM . Hierdurch wird die Flüssigkeit beim Bremsen im drucklosen Bereich hinter der PM in Bewegung ( Drall ) versetzt und bringt so auch die Flüssgkeit im AGB in Wallung . Dies hat durchaus einen Sinn , um Verschmutzungen im System ( Granulierung von Bremsflüssgkeit und mechanischer Abrieb ) daran zu hindern , sich festzusetzen und die Bremsanlage zu schädigen ( Verstopfen , Fressen ) .
Weiterhin wird über diese ( große ) Bohrung beim Entlüften die Flüssigkeit deutlich schneller in das System gefördert , als alleine dies durch die kleine Ausgleichsbohrung möglich ist . Dazu aber unten bei "Entlüften" mehr .
Kommen wir jetzt zu einem weiteren Element im HBZ , dem Bremshebel .
Würde man direkt auf den Kolben im HBZ drücken , hätte man dadurch bei normaler Handkraft zwar theoretisch eine Funktion der Bremse , die aber vollkommen ungenügend wäre ( man kann so einfach nicht genug Druck aufbauen ) .
Hier hilft die Physik in Form des Hebelwegs weiter . Durch den Bremshebel erzeugt man wesentlich mehr Kraft , die auf den Kolben drücken kann .
Einfach mal ausprobieren , mit den Stumpf eines abgebrochenen Hebels zu bremsen , das erfordert deutlich mehr Kraft durch den geringeren Hebelweg .
Einige Hebel haben zusätzlich einen Einstellmechanismus . Dieser hat aber lediglich die Funktion , die Stellung des Hebels zur Hand hin zu ändern .
Es gibt immer wieder Schlaumeier , die in den Nocken des Bremshebels , der auf den Kolben drückt , eine Einstellschraube einzubauen .
Fataler Fehler , denn verändert man hier das Spiel zwischen Hebel und Kolben , ist die Bremse immer etwas gedrückt .
Ja , das mag am Anfang zu einer knackigeren Bremse führen ( besserer Druckpunkt ) , aber was ist , wenn in diesem Zustand die PM bereits an der Ausgleichsbohrung vorbei geschoben wurde ? Die Flüssigkeit kann bei einer Erhitzung nicht mehr in den AGB zurückfließen . Das wiederum führt dazu , dass sich der Bremsbelag nicht mehr ausreichend von der Bremsscheibe zurückzieht und die Bremse heiß läuft ( und dann durchaus blockieren kann !!! ) .
Viele Fahrzeuge haben hier durchaus im entlasteten Zustand ein Spiel ( Bremshebel wackelt ) . Andere Bremshebel drücken hier im eingebauten Zustand den Kolben bereits etwas ein ( merkt man , wenn man einen neuen Hebel einbaut ) .
So oder so ist das IM NEUZUSTAND gewollt , weil in beiden Zuständen IMMER die Ausgleichsbohrung eine Verbindung zwischen Füssigkeit im System UND Flüssigkeit im AGB ermöglicht , bedenkt das bitte !
Ja , es gibt auch Hebel , die in Serie eine Einstellschraube haben , die das Spiel zwischen Hebel und Kolben verändern können . Wie schon geschrieben , hier ist Vorsicht angesagt , das Schraube darf NIE dazu führen , dass die Ausgleichsbohrung ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann !
Einige Fahrzeuge bekommen im Alter mehr Spiel zwischen Hebel und Kolben . Woran liegt das denn nun ?
Ganz einfach . Wenn der Kolben nicht mehr ausreichend zurückstellt , kann zwar durchaus die Ausgleichsbohrung im entlasteten Zustand noch in Funktion sein , aber die Feder am Kolben kann erlahmt oder defekt sein . Weiterhin können Verschmutzungen in der Zylinderlaufbahn dem Kolben das Leben erschweren .
Bremst man weiterhin gut , ist das akzeptabler Verschleiß .
Hat der Hebel aber dann soviel Spiel , dass der Bremslichtschalter andauernd aktiv ist , sollte man eine Instandsetzung in Erwägung ziehen .
Zum Thema Hebelweg und Hebelwirkung muss man natürlich aus das Übersetzungsverhältnis bedenken . Oben am HBZ habe ich am Kolben eine wesentlich kleinere Fläche , die auf die Flüssigkeit wirkt , als unten am Bremskolben im Bremssattel . Das ist durchaus gewollt , denn wäre die Fläche oben größer ( die auf die Flüssigkeit wirkt ) , wäre auf die Kraft größer , die man aufwenden muss ( siehe Thema Flächenpressung ) .
Leider wird durch die kleinere Fläche auch der Hebelweg größer , aber das spielt eigentlich eine eher untergeordnete Rolle .
Hierzu zwei kleine Beispiele :
Bewegt man oben den Kolben 5mm rein , werden beispielsweise 2ccm Flüssigkeit im System bewegt . Die würden dann unten am Bremssattel auch zu 5mm führen , die der Bremskolben ausfährt ( wenn der den gleichen Durchmesser wie der Kolben oben hätte ) .
Da der aber im Durchmesser deutlich größer ist , fährt er hier nur 1mm aus . Das ist nur ein Beispiel ohne aktuelle Berechnungen , aber es zeigt , wie das System arbeiten soll .
Man nimmt eine Metallplatte von 1qcm und belastet sie mit 5Kg auf einer Holzplatte .
Dazu nimmt man eine Nadel und belastet sie ebenfalls gegenüber einer Holzplatte mit 5kg .
Die Metallplatte drückt sich natürlich nicht in das Holz , die Nadel schon , weil hier die 5kg eben auf 1/10 qmm und nicht wie beim Metall auf 1qcm wirken , es herrscht also eine wesentlich höhere Flächenpressung .
Soweit zum Thema HBZ .
Kommen wir jetzt zum Bremssattel , dem anderen Ende der Bremsleitung

Im Bremssattel sitzt der Kolben auch in Dichtungen .
Sinn und Zweck der Dichtungen ( im Querschnitt übrigens quadratisch , man spricht von Rechteckringen ...) :
Der innere Dichtring dichtet das System ab , damit keine Flüssigkeit austreten kann , wenn Druck aufgebaut wird .
Der äußere Ring hat eine andere Funktion ( läuft übrigens , im Gegensatz zur SM im HBZ , im Trockenen ! ) :
Baut man im System Druck auf , drückt man ja unten den Kolben aus dem Zylinder ( im Bremssattel ) und gegen den Bremsbelag .
Lässt man jetzt den Bremshebel los , stellt sich das System durch die Hydraulik und die Feder im HBZ zurück und entlastet damit den Kolben und damit den Bremsbelag .
Zusätzlich sorgt der äußere Dichtring am Bremskolben dafür , dass der Kolben zurückgezogen wird . Beim Bremsen wird dieser Ring nämlich im Querschnitt wie ein Parallelogramm elastisch verformt und geht dann wieder in die Ausgangsstellung zurück . Klar , bei jedem Bremsvorgang verschleißt der Belag und der Kolben drückt sich ein wenig weiter nach außen , das überschreitet dann die Verformbarkeit des Rings und der Kolben rutscht drüber . Trotzdem wird der Kolben wieder etwas zurück gezogen .
Der Sinn ist klar : Es soll im entlasteten Zustand nicht zu einem permanenten Kontakt zwischen Belag und Bremsscheibe kommen .
Das nennt sich übrigens Lüftspiel und ist bei neuen Fahrzeugen ca 0,10mm groß .
Zusätzlich hat jede Bremsscheibe einen gewollten Seitenschlag von einigen Hundertstel mm , der die Beläge im entlasteten Zustand etwas bei jeder Drehung des Rads zurück drückt .
Ich gehe jetzt hier nicht auf die verschiedenen Bauformen von Bremssätteln ein , das würde den Rahmen sprengen , das nur mal am Rande bemerkt .
Fazit :
Eine Bremse muss im entlasteten Zustand frei laufen . Die Beläge dürfen anfangs ! durchaus etwas schleifen , aber wenn man ein paar km gefahren ist ( ohne diese Bremse zu nutzen ) und dann mit der anderen Bremse das Fahrzeug anhält , darf die nicht benutzte Bremse NICHT warm sein !
Ist sie dennoch warm , ist etwas faul . Meistens liegt dies an einer mangelnden Rückstellung der Bremskolben , verursacht durch Verschmutzungen zwischen Bremskolben und Dichtringen . Hier hilft nur Reinigen der Kolben ( Bremsenreiniger und Lappen ) , Bewegen der Kolben unter zu Hilfenahme von Teflonspray und das erneute Auspobieren . Reicht es nicht , muss man zumindest die Dichtringe , wenn nicht auch die Kolben erneuern . Dabei bitte auch bedenken , dass die Nuten für die Ringe , die sich im Bremssattel befinden , super sauber sind , sonst klemmt es auch mit neuen Ringen wieder !
Schwergängige Bremsanlagen können auch bei Schwimmsätteln durch eine fehlende Schwimmfunktion verursacht werden , aber das ist ein anderes Thema .
Ich empfehle , die Bremsbeläge bei Fahrten ohne Regen , Dreck und Salz spätestens alle 5000km rauszunehmen , die Kolben soweit wie möglich auszufahren , die Flächen zu reinigen und zu schmieren . Eindrücken der Kolben bitte verkantungsfrei vornehmen ( dafür gibt es Werkzeuge ! ) . Ansonsten würde ich das jedes Jahr zumindest einmal machen , bei häufigen Regen/Dreck/Salzfahrten öfters .
Ja, das nervt, aber es hat nichts mit Kymco zu tun , sondern mit Dreck und Salz , andere Fahrzeuge haben identische Probleme !
So , HBZ und Bremssattel abgehandelt .
Kommen wir zur Bremsleitung .
Um einen Verlust von Bremsleistung zu minimieren , sollte sich beim Bremsvorgang die Leitung möglichst wenig dehnen . Ideal sind hier Leitungen aus Metall , aber das geht nur bedingt , weil man ja auch Lenk-und Federbewegungen der Räder irgendwie ausgleichen möchte .
Daher haben Zweiräder meistens biegsame Leitungen . Teilweise sind diese noch mit einem Stahlgeflecht ummantelt , um die Ausdehnung zu minimieren und auch die Haltbarkeit zu erhöhen ( UV-Beständigkeit , Umweltbeständigkeit ) .
Einige Fahrzeuge haben hier , wie auch Autos , auf längeren , unbeweglichen Abständen in den Fahrzeugen Metallleitungen , die dann in Schläuchen ab den beweglichen Teilen zu den Rädern weiterführen .
Wenn eine Leitung sich spürbar dehnt , wenn man bremst ( und die Bremsleistung "teigig" wird ) , oder gar eine Blase im Gummi wirft , sofort austauschen ( und über gerissene oder angeschliffene Leitungen müssen wir erst garnicht reden ) .
Stahlflexleitungen ( also die , die mit einem Stahlgeflecht ummantelt sind ) halten ewig , alle anderen haben Wechselintervalle gemäß den Herstellervorgaben . Ob man sich daran hält , wenn optisch und technisch alles einwandfrei ist , muss jeder für sich entscheiden .
Kommen wir jetzt zum Entlüften der hydraulischen Anlage .
In der Leitung sollte sich ja , wie beschrieben , nur Flüssigkeit befinden , um die Funktion der Hydraulik zu gewährleisten .
Nun kommt es durch verschiedene Umstände vor , dass sich Luft in die Leitung schummelt .
Dies kann durch einen leeren Ausgleichsbehälter passieren , aber auch beim Wechsel des HBZ / Bremssattels oder der Bremsleitung .
Manchmal kommt es auch vor , dass sich nach längerer Standzeit Luft ins System schleicht , obwohl alles dicht ist .
Ursache hinter dem letzten Phänomen ist ein manchmal ! vorkommender chemischer Prozeß , in dem die Flüssigkeit mit den sie umgebenden Materialien reagiert und Gase erzeugt . Dadurch , dass das System im Ruhezustand druckfrei ist , drücken diese Gase ( da reicht eine winzige Blase von ein paar Kubikmillimetern ) Flüssigkeit in den AGB und verringern die Bremsleistung erheblich .
In allen Fällen muss die Anlage entlüftet werden .
Ist die Bremse in Funktion , aber man möchte lediglich die Flüssigkeit erneuern ( Alter ) , geht man übrigens identisch vor . Bitte , s.o. , hinterher beim Befüllen des AGB auf den korrekten Füllstand achten !
Werden die Bremsbeläge nicht erneuert , muss man den Behälter wieder genauso hoch auffüllen , wie er vorher befüllt war , auch wenn dies nicht auf einen Füllstand auf MAX hinausläuft ! Voraussetzung ist natürlich , dass vorher auch genug Flüssigkeit im System war .
Auf Nummer sicher geht man hier , wenn man bei einem Flüssigkeitswechsel auch immer die Bremsbeläge erneuert . Dann ist ein Füllstand von MAX genau richtig .
Zum Entlüften gibt es an den Bremssätteln ein Entlüftungsventil ( und bei einigen Fahrzeugen an weiteren Stellen auch noch ) . Dieses Ventil sollte immer eine Kappe haben , sonst setzt sich Dreck in die mittige Bohrung und kann diese verstopfen .
Man entfernt die Kappe , nimmt einen Ringschlüssel und prüft erstmal , ob sich das Entlüftungsventil schmerzfrei öffnen lässt . Dafür schließt man einen transparenten Schlauch und ein Auffanggefäß an ( Umwelt ! ) Jetzt kurz öffnen ( 1/4-1/2 Undrehung ) und wieder schließen .
Immer mit Ringschüssel arbeiten , mit einem Maulschlüssel ist der Sechskant des Ventils schnell mal rundgeorgelt !
Als nächstes enfernt man den Deckel , den Plastikrahmen und die Membran des HBZ .
Der Ausgleichsbehälter sollte sauber UND fusselfrei sein . Dreck und Fussel können die interne Dichtheit der Anlage erheblich beeinflussen !
Ausgleichsbehälter mit FRISCHER Bremsflüssgkeit ( nach Herstellervorgabe ) befüllen.
I.d.R. steht die Sorte der Bremsflüssigkeit auch auf dem Deckel des AGB .
ALLE Kymcos nutzen hier übrigens DOT4 .
NIE NIE NIE DOT4 mit anderen Bremsflüssgkeiten mischen !!!
Jetzt wird zuerst die Entlüftungsschraube 1/4 - 1/2 Umdrehung geöffnet .
Dann zieht man den Bremshebel langsam ! bis max 2/3 der möglichen Hebelwegs .
Warum zieht man nicht komplett durch ? Ganz einfach . Es kommt vor , dass hierbei die PM in einen ungeeigneten Teil der Zylinderbohrung gedrückt und dabei beschädigt wird . Viele HBZ sind nicht durchgehend innen bearbeitet . Gebrauchte HBZ haben oftmals durch die Benutzung ein anderes Schliffbild im Zylinder und können so die PM beschädigen . Wenn es dann auch noch keine Einzelteile des HBZ gibt , kann ein beherztes zu weites Ziehen des Bremshebels richtig teuer werden ...
Hebel so gezogen belassen und jetzt erst Entlüftungsventil schließen .
Dann Bremshebel loslassen .
Jetzt sinkt der Bremsflüssigkeitsstand im AGB , weil sich ein Unterdruck im System aufbaut . Ist der ausgeglichen , sinkt die Flüssigkeit nicht mehr weiter ab . Die Flüssigkeit wird durch die Volumenvergrößerung ( Kolben geht in Ursprungsstellung zurück ) an der PM vorbei gesaugt ( die Flüssigkeit strömt ja jetzt in die andere Richtung , also "von hinten" , an die PM , die einfach umklappt und die Flüssigkeit vorbeilässt . Zusätzlich wird bei diesem Arbeitsschritt auch durch die andere , kleine Ausgleichsbohrung Flüssigkeit in das System gesaugt . Deren Querschnitt aber reicht bei weitem nicht aus , um die ganze Flüssigkeit , die erforderlich , in kurzer Zeit durchströmen zu lassen . Daher hat die andere Bohrung einen deutlich größeren Querschnitt .
Vorgang so oft wiederholen , bis die Bremse korrekten Druck aufbaut . Dabei immer drauf achten , dass genug Flüssigkeit im AGB ist ! Einmal Luft gezogen , kommt die erst wieder raus , wenn sie durch das Entlüftungsventil ausgeschoben wird ! Daher auch hier mit einem transparenten Schlauch arbeiten , um die Luft zu sehen !
Wie oben geschrieben , bei neuen Belägen den AGB bis auf MAX auffüllen , Membran einschieben , trockenwischen , auflegen , Rahmen drauf , Deckel drauf , festschrauben , fertig .
Verschüttete Flüssigkeit immer SOFORT entfernen , das Zeug ist lackschädigend , greift Kunststoffteile an und ist giftig !
Also am besten bei der ganzen Arbeit mit Handschuhen arbeiten .....
Baut sich kein Druck auf , kann das verschiedene Ursachen haben :
- PM defekt , es kann kein Druck aufgebaut werden , weil beim Bremsen die Flüssigkeit an der PM vorbeigeschoben wird .
- System extern undicht ; Dichtscheiben defekt oder Hohlschrauben an den Dichtungen locker , Leitung gerissen , Kolben&Dichtringe undicht
- Luft im System .
Besonders bei meterlangen Leitungen , die im Zweiradbau auch noch hoch- und runterlaufen und eklige Winkel haben , kann sich bei der langsamen , statischen Entlüftungsmethode( wie oben beschrieben ) Luft in Ecken oder Biegungen oder Sicken sammeln . Die Flüssigkeit fließt dann an den Luftblasen vorbei und nimmt sie nicht mit .
Das kann einen durchaus zum Wahnsinn treiben .
Manchmal hat man hierfür weitere Entlüftungsventile vorgesehen und auch einen speziellen Ablauf , welches Ventil zuerst angeschlossen wird , dies ist aber eher die Ausnahme .
Abhilfe schafft in diesem Fall meistens ! ein Unterdruckentlüfter , der die Flüssigkeit rausZIEHT , anstelle des RausSCHIEBENS beim manuellen Entlüften . Hierbei öffnet man einfach das Entlüftungsventil , schließt den Unterdruckentlüfter an und gibt Gas

Der größere Volumenstrom reißt ungewollte Luftblasen mit und füllt dann auch die fiesen Ecken mit Flüssigkeit .
Wenn alles nichts nützt , ist oft guter Rat teuer . Ich habe schon komplette Bremsanlagen ausgebaut und hin und her geschwenkt , dabei entlüftet , bis irgendwann die letzte , verf... Blase rauskam . Literweise Flüssigkeit durch die Anlagen gezogen und trotzdem nicht alles rausbekommen .
Manchmal passiert es dann von selber , wenn eine Luftblase zum Verrecken nicht entfernbar ist , die Bremse aber leidlich funktioniert , indem man einfach fährt und die Vibrationen beim Fahren ( und auch durch die Erhitzung der Flüssigkeit beim Bremsen ) irgendwann die Luftblase nach oben in den AGB abblubbern lassen und man urplötzlich eine deutliche bessere Bremsleistung hat . Das ist aber keine empfehlenswerte Methode , weil die Bremse beim Fahren direkt und nicht erst nach 100km auf der Schotterpiste packen sollte !
Kommen wir jetzt abschließend zu dem Tipp , die Bremse bei teigigem Verhalten über Nacht anzuziehen ( Kabelbindertrick ) . Das bringt , wenn überhaupt , nur etwas , wenn die Anlage luftfrei ist !
Was passiert hier ?
Die PM wird über längere Zeit mit Druck beaufschlagt und kann sich hierdurch mechanisch verformen . Sie sitzt dann also schon etwas aufgepilzter im Ruhezustand und baut somit beim Betätigen der Bremse ETWAS früher Druck auf , dies teilweise auch besser ( denn es fließt immer etwas Flüssigkeit auch bei belasteter PM an dieser vorbei ) . Die PM kann sich im Laufe der Zeit wieder zurück verformen , der Zustand muss also nicht von Dauer sein .
Wichtig : Bei dieser Methode den Bremshebel wie beim Entlüften NIE komplett anziehen !
Ich will hoffen , damit viele Fragen geklärt zu haben ...
MeisterZIP