Ingenieure und Lenker Teil 2
Der aktuell wohl bekannteste Ingenieur des Motorsports ist wohl derzeit der "Design-Guru" Adrien Newey.
RedBulls Chef-Designer ist wohl der kompletteste aller Kreativen im Motorsport. Er mag zwar in erster Linie für seine extremen Aero-Philosophien bekannt geworden sein, aber was ihn wirklich ausmacht ist sein Gesamt-Verständnis für das Auto.
Er weiss nahezu wie alles an einem Formel1-Renner funktioniert und arbeitet deswegen zumeist besser als seine Kollegen. Es spielt keine Rolle ob es die Lage der Ölpumpe ist, den Kühlbedarf eines Motors oder das Fahrverhalten eines Autos angeht.
Als Beispiel möchte ich die Saison 1997 hernehmen. Newey war von Williams im Sommer zu McLaren gewechselt. Ein Rennstall, dem man damals öfter nachsagte, dass er erst am Montag nach dem Rennen die perfekte Abstimmung findet--->zu spät!
Im Grunde war der MP 4-12 kein schlechtes Rennauto. Der Motor (Mercedes) war der Stärkste, das Design durchaus gefällig und, wenn die Kiste doch mal gut abgestimmt war durchaus konkurrenzfähig, aber irgendwie hatte man immer den Eindruck, dass der letzte Kick fehlte. Leider bremsten auch die diversen Ausfälle oft den Erfolg.
Im Sommer kam Newey und nach der Einarbeitung zauberte er als Erstes einen neuen Frontflügel, retuschierte hier und da ein wenig und, was wohl das Wichtigste war, er veränderte die Basisabstimmung des Autos. Er veränderte die Balance des Fahrzeugs (also die Gewichtsverteilung) in Richtung nach vorne. Prompt stimmte die Richtung und David Coulthard siegte in Monza, beide McLaren führten das Rennen auf dem Nürburgring lange an und Mika Hakkinen siegte in Jerez, wobei dieser Sieg dann doch eher ein Geschenk von Jacques Villeneuve war. Doch das ist ein anderes Thema. Dazu wäre Mika in Belgien auch auf dem Podium gelandet, wenn es da nicht ein Problem mit dem Sprit gegeben hätte und er deswegen disqualifiziert worden wäre.
Wie dem auch sei. Neweys Autos bildeten lange Jahre auch immer den Gegenpart zu der bereits beschriebenen Achse Brawn-Byrne-Schumacher(-Todt).
Er war immer ein Extremist, nutzte jede verfügbare Windkanalstunde, bzw zögerte den Abschluss seiner Entwürfe immer so lange raus wie es irgendwie machbar war. Das führte oft zu Zuverlässigkeitsproblemen, da die Verkleidungen seiner Autos traditionell so eng anlagen, dass die Temperaturen der Technik oft genug bzw öfter als bei der Konkurrenz den Gar aus machten.
Das wohl beste Beispiel ist der MP4-18 für die Saison 2003. Das Auto schaffte es nie zur Rennreife, weil es so extrem designed war, dass die Kühlung regelmäßig kapitulierte. Da das Problem einfach nicht lösbar war, musste das Team für die Saison auf eine Weiterentwicklung des Vorgängers zurückgreifen. Trotz dieser Probleme war Kimi Raikkonen in der Lage den Titelkampf bis zum Schluss offen zu halten, da auch Ferrari mit dem 2003er Modell schwächelte.
Wie alle großen Figuren hatte auch Adrien Newey sein persönliches Waterloo.
Am 01.05.1994 hatte er wohl seine schwärzeste Stunde. Ayrton Senna starb in Imola beim GP von San Marino in seinem Auto. Als Unfallursache wurde ein Bruch der Lenksäule ausgemacht. Für diesen Bruch war er als Designer aber nicht verantwortlich zu machen. Senna selber bestand stur auf eine schlankere Lenksäule, weil er ansonsten ständig Platzmangel hätte. Da man einem Ausnahmefahrer wie eben diesem keine Wünsche abschlägt, wurde der Umbau vorgenommen. Keiner der Ingenieure bei Williams ahnte was folgen würde.
Leider ist Newey aktuell dabei sich ein wenig aus der Formel1 zurückzuziehen. Er ist kein Freund des aktuellen Reglements und so steigt er mit Abschluß des Designs für den 2015er RedBull aus dem Tagesgeschäft aus und wird sich anderen Dingen zuwenden, aber als Berater weiter zur Verfügung stehen.
Meiner Meinung nach wird RedBull somit wohl über kurz oder lang aus der Spitze des Feldes rausfallen.
Warum?
Ferrari erlebte ähnliches in den Jahren 2005 folgende..
Erst ging Byrne (Anfangs hatte dieser auch noch eine Berater-Funktion), dann Schumacher und Brawn und als dann auch Jean Todt 2008 Ferrari verliess war es vorbei. Trotz absoluter Top-Besetzung auf der Pilotenseite (F. Alonso) reichte es nicht mehr für WM-Titel. Deshalb!
Colin Chapman.
Der Begründer des berühmten Lotus-Rennstalls war wohl einer der besten seiner Zunft/seiner Zeit.
Leider kann ich zu diesem wirklich nennenswerten "Lenker" nicht so viel erzählen wie zum vorgenannten Adrien Newey.
Er war jedoch ähnlich für Newey für seine Design-Philosophie berühmt; auch wenn diese nie so komplex war. Ganz im Gegenteil!
Chapman folgte eine einfach Formel. Der Gewichtsreduktion, um dem Auto auch mit weniger Leistung annehmbare Fahrleistungen, trotz PS-Mankos, einzuhauchen. Als Bonus gab es auch noch ein sehr agiles Fahrzeug, dass, aufgrund des redurzierten Gewichts, ein extrem agiles Fahrverhalten garantierte.
Hinzu kommt, dass er gewissermaßen der "Erfinder" einer funktionierenden Aerodynamik war. Natürlich bauten auch schon andere Front- und Heckflügel an ihre Autos, aber es waren mehr rohe und planlose Versuche irgendwie das Auto auf die Erde zu drücken. Er machte sich ernsthaft Gedanken über dieses Thema und dies gipfelte dann im Lotus 72. Optisch eines der schönsten Rennautos ever war es aber technisch ein sehr diffiziles Fahrzeug, dass vor allem im Fahrwerksbereich Schwächen offenbarte. Dennoch errang Lotus 1970 die Fahrer- und Konstrukteurs-WM und weitere Titel (Fitipaldi wurde auch mit einer Weiterentwicklung des Lotus 72 Weltmeister, wenn ich mich nicht irre. 1972????)
Ein paar Jahre später zeichnete sich Lotus noch einmal für eine grosse Erfindung verantwortlich. Den Groundeffect-Cars in "Person" des Lotus 78, der auch direkt den Titel nach Hause fuhr.
Danach wurde es zunehmend stiller um diesen Rennstall, nur um dann noch einmal für kurze Zeit aufzublühen als sie sich für ein paar Jahre die Dienste des jungen Ayrton Senna sicherten.
Doch diese Firma war mehr als nur die Formel1. Mit Autos wie dem Lotus Europa oder dem "Bond-Auto" Esprit machte man sich auch auf normalen Strassen einen guten Ruf; auch wenn letzterer zum Schluss mit V8 etwas "fett" wurde.
Doch mein persönlicher Favorit ist die Elise. Klein, leicht, kein Ausbund an Motorleistung, aber durch das geringe Gewicht immer noch pure Agilität.
Dazu ein Design, dass auch heute noch kopiert wird. Und zwar buchstäblich! Alfa Romeo stellt aktuell in Genf eine Roadster-Studie namens 4C vor. Ein perfekter Abklatsch der Elise.
Innerhalb der Baureihe ist der 340R der absolute Burner. Etwas über 600kg stehen knapp 180PS gegenüber. Da wir hier immer noch von einem Strassenfahrzeug reden......
BOAH EY!!!!
Das Design mag nicht jedermanns Geschmack sein....Ulrich. Es ist auf das absolut Notwendige reduziert. Doch die, NEIN Agilität trifft es nicht mehr, die absolute Kurvenwilligkeit (Ich kann es nicht besser beschreiben) gepaart mit immer noch brutal geilem Schub, EIN HAMMER!!!!
https://www.youtube.com/watch?v=2WlPXzBC_14
Nun gut, dieses Auto wurde nicht mehr vom großen Colin Chapman erschaffen, aber es steht wie kaum ein anderes Fahrzeug für seine Philosophie.
Speed durch Gewichtsreduktion.